• Copy and Paste

    Copy and Paste oder die Neubelebung einer Lehrsammlung
    UdK Kollisionen-Projekt (5. Januar – 9. Februar 2015)

    Gastprof. Claudia Zachow
    Gast: Angela Bösl M.A.,HU

    Anhand von Modellen, Bild- und Fotovorlagen wurden in der Vergangenheit für die handwerkliche Ausbildung und die akademische Lehre Fähigkeiten/Techniken des Sehens, Analysierens und Forschens als Quellen der Inspiration geübt. Welchen Nutzen können diese Sammlungsgegenstände für aktuelle Kreativ-Prozesse haben? Sind sie heute museales Schaustück, universitäres Lehrstück oder einfach nur inspirierendes Fundstück?! Das Projekt ist ein Versuch der zeitgemäßen Auseinandersetzung mit einer historischen Lehrsammlung mittels verschiedener Design-Methoden.

    Installation: 13. Februar – 13. April 2015, 24/7
    Außenvitrine, UdK Berlin, Einsteinufer 43

    Vorbild und Abbild – Imitation und Adaption – Sehen und Machen – Tradition und Innovation – Denken und Erfinden: Solche und ähnliche Stichworte reihen sich, wenn man die Lehrsammlungen der Kunst- und Kunstgewerbeschulen des 19. Jahrhunderts beschreibt. Als Fundus, Inspirationsquelle, ästhetische Richtschnur, Analogspeicher und Nährboden für Erneuerung spielten diese Sammlungen eine entscheidende Rolle für die Ausbildung bildender wie angewandter Künstler.

    Dies gilt auch für eine Lehrsammlung, die der Kunstgewerbelehrer Moritz Meurer (1839-1914) für die Lehre an der Unterrichts-Anstalt des Kunstgewerbemuseums, einer Vorgängerinstitution der UdK, anlegte. Sie kam dem damaligen Ruf „Zurück zur Natur“ nach und stand im Dienst eines systematischen Pflanzenstudiums für angehende Kunsthandwerker. Um die Prinzipien und Prozesse natürlicher Formbildung zu erschließen und diese für das eigene praktische Tun transformieren zu können, schuf Meurer mit mehreren Assistenten, darunter auch der als Modelleur ausgebildete Karl Blossfeldt, ein vielseitiges Repertoire an Lehrmitteln: Zeichnungen, Lichtdrucke, Fotografien, Modelle in Gips und Bronze wie auch Herbarien. Ein großer Teil dieser Denk- und Zeichenmedien wird im Archiv der Universität der Künste aufbewahrt.

    Wie kann man sich heute dieser historischen Sammlung und ihrem Konzept nähern? Spielen ihre Überlegungen zur Formgebung überhaupt noch eine Rolle? Was kann dieses Ensemble der zwei- und dreidimensionalen Vorlagen an Inspiration, Aussagekraft und Reflexionspotential für die aktuelle Ausbildung von Studierenden des Designs, der bildenden Künste oder der Architektur bereithalten? Und inwiefern unterscheidet sich die heutige Praxis der Aneignung und Verfremdung von Natur, sozial-gesellschaftlichen Konstellationen oder Wertesystemen von historischen Formen des copy & paste?

    Diese Fragen standen am Beginn des einwöchigen Kollisions-Projektes. Nach einem Besuch im Archiv kamen weitere zu den Praktiken und Dimensionen des Sammelns allgemein hinzu. Das Archiv wurde sichtbar als Gefüge von Ordnungen, Systemen, historischen Schichten, als Sammlung von Spuren und Fährten in die ältere und jüngere Vergangenheit, zu blinden Flecken und noch zu erschließendem Neuland.

    Auf unterschiedliche Weise haben sich Studierende der Bereiche Produktdesign, Modedesign, Architektur, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation, Musikpädagogik, Bühnenbild und Bildende Kunst in Kleingruppen mit diesen Überlegungen, mit der Institution Archiv und den Lehrmitteln Meurers auseinandergesetzt. Entstanden sind daraus eigene Form- und Studiensammlungen, ein Herbarium sowie Adaptionen der Meurer’schen Vorlagenblätter. Ein Memory setzt die weithin bekannten Blossfeldt’schen Pflanzenfotographien spielerisch ein und greift mit der Technik des Erinnerns und dessen Ausschnitthaftigkeit auch einen für das Archiv relevanten Aspekt auf.

    Um ähnliche Gedanken über Relikt und Spur, über das Verhältnis von Zufall und System und nicht zuletzt die Bedeutungsebenen und auch Bildlichkeiten des Archivs kreisen drei weitere Arbeiten: Die Fotografien, Siebdrucke und Dokumente einer Archivrecherche vereinen sich im Regal als Sinnbild für das Archivs und dessen Ordnungsgröße des laufenden Meters. Über das Archiv als Gesamt, seine Bestände und Ordnungen und deren Aura ist schließlich eine Videoarbeit entstanden, die hier zu sehen ist.

    Teilnehmende: Katharina Achterkamp, Dominik Annies, Denise Brucker, Anna Derriks, Jana Francke, Jonathan Ihm, Katerina Ivanova, Rosina Koch, Diana Kozachek, Anna Lauenstein, Tabea Marschall, Tobias Michnik, Johannes Mücke, Ludwig Niebuhr, Ben Raubald, Tristan Weber, Lea Wittich

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